Der große Wurf von Christina Kiffe

DA-Echo | 23. Juli 2018
Von Volker Bachmann

Christina Kiffe feiert als Speerwurf-Dritte der deutschen Meisterschaften einen Überraschungserfolg.
Archivfoto: Raphael Schmitt

DARMSTADT/NÜRNBERG – Es ist ein Paukenschlag, der die Szene aufgerüttelt hat. Und Christina Kiffe konnte ihren Bronze-Coup bei den deutschen Leichtathletik-Meisterschaften, wo sich die Siebenkämpferin am Samstag Rang drei unter den Spezialistinnen im Speerwurf sicherte, auch tags darauf noch nicht ganz fassen. „Unglaublich. Wie ich das geschafft habe, das weiß ich selbst noch nicht genau“, sagte die 26-jährige Athletin vom ASC Darmstadt, die einzige Einzelstarterin aus Südhessen bei den Titelkämpfen in Nürnberg war. Seit langer Zeit ist sie auch die Erste aus der Region, die es bei den nationalen Titelkämpfen aufs Podest schaffte.
Gleich im ersten Versuch warf Christina Kiffe quasi alle Rangfolgen und natürlich auch ihre eigene Bestweitenbilanz über den Haufen: 54,45 Meter. Fast drei Meter über ihrem bisherigen Topergebnis vom Mehrkampfmeeting in Ratingen, wo sie sich im Juni auf 51,84 m gesteigert hatte. Dabei waren die Bedingungen in Nürnberg schlicht miserabel. Bei der letzten Qualifikationsmöglichkeit für die Heim-EM in Berlin funkte am Wochenende immer wieder Regen dazwischen. Vielleicht aber sogar ein Vorteil, mutmaßte Kiffe im Nachhinein, weil sie es vom Siebenkampf her gewöhnt sei, öfter auch mit ungünstigen Bedingungen zurechtzukommen.

Jedenfalls konnten allein Christin Hussong (Zweibrücken/63,54 m), die als EM-Hoffnungsträgerin in einer anderen Liga warf, und Katharina Molitor (Leverkusen/56,75 m) die Leistung der Südhessin überbieten, bei der nach dem glänzenden Auftakt „die Luft etwas raus war“. Neben drei ungültigen Versuch gelangen abschließend noch Würfe auf 49,81 und 46,26 m. Es reichte zum Coup. So manche Mehrkämpferinnen seien zwar in Einzeldisziplinen durchaus konkurrenzfähig, verglich Christina Kiffe, so hätten auch im Hürdensprintfinale mehrere Kolleginnen mitgemischt. Dass es aber zu einer Medaille in der Elite reicht, „das gibt es nicht alle Tage.“

Auch Bundestrainer Obergföll meldet sich.

Die ASC-Athletin, die nach langer Verletzungspause erst dieses Jahr ihr Comeback im Siebenkampf gab, genoss den Erfolg in vollen Zügen. „Für das was ich trainieren konnte, sind das Wahnsinnsergebnisse“, bilanzierte sie. Sie freute sich über die große Resonanz und die zahlreichen Glückwünsche. „Das macht Mut und Hoffnung.“ Bronze ist auch eine besondere Genugtuung. Denn dadurch sei „national aufgefallen, dass man da doch jemand im Auge behalten muss.“ Auch Speerwurf-Bundestrainer Boris Obergföll habe sich gemeldet.

Ist da eventuell sogar eine Spezialisierung möglich? „Ich denke noch mal darüber nach“, sagte Christina Kiffe. Schließlich „fehlt nicht mehr viel für eine EM-Norm“. Aber mitten in der Saison sei „dafür nicht der richtige Zeitpunkt.“ Denn die nächste Herausforderung steht gleich an. Am Dienstag geht es nach Knoxville/Tennessee zum Thorpe Cup, dem Ländervergleich zwischen Deutschland und den USA, für den sie letzte Woche kurzfristig nachnominiert wurde. Dort sind bei ihrer Rückkehr ins Nationaltrikot freilich wieder Mehrkampf-Qualitäten gefordert.