DA-Echo | 01. Juni 2018 | Volker Bachmann
Foto: Raphael Schmitt
Von Volker Bachmann
LEICHTATHLETIK Christina Kiffe vom ASC Darmstadt schöpft Mut auf dem schwierigen Weg zurück in den Siebenkampf
DARMSTADT – Ein richtiger Siebenkampf steht immer noch aus. Somit bleibt das Comeback von Christina Kiffe vorerst unvollendet. Das trübt die Laune der Leichtathletin beim ASC Darmstadt aber keineswegs. Sie vermittelt vor dem angestreben Start beim Traditionswettkampf in Ratingen Mitte Juni Entschlossenheit und Zuversicht – wenn auch verhalten.
Denn ihre Rückkehr lässt sich nach einer gefühlten Ewigkeit, in der sie sich mit Verletzungen, Rehabilitation, Neuaufbau und immer wieder neuen Rückschlägen herumplagte, eben nur als Projekt begreifen, das Schritt für Schritt umgesetzt werden muss. „Erzwingen kann man es nicht“, weiß die 26-Jährige längst.
Dass es dabei ab und zu auch wieder ein Stück zurückgeht, kennt die ASC-Athletin nur zu gut. So auch in den letzten Tagen, als sie noch einmal von einem Infekt mit Fieber in ihrem Tatendrang gebremst wurde. Nächster Anlauf. „Jetzt bin ich gesund und fit“, beschrieb Christina Kiffe ihre Erleichterung, nachdem sie am vergangenen Wochenende mehrere gute Ergebnisse in Darmstadt und Weinheim erzielt hatte. „Das macht Mut.“
Ihre persönliche Bestleistung mit dem Speer schraubte sie dabei auf 51,47 Meter. „Eine Leistung, mit der man auch Sachen ausgleichen kann, die noch nicht so rund laufen.“ Da gibt es sicherlich über die sieben Disziplinen hinweg noch einige, wie sich auch bei den hessischen Mehrkampf-Meisterschaften in Darmstadt Mitte Mai zeigte.
Die letztlich ausgelassene Chance auf einen Hessentitel spielte da für Christina Kiffe keine Rolle. Ihr vorzeitiger Ausstieg aus der Wertung sollte vor allem Kraft sparen und die Option auf weitere Starts offenhalten. „Wir haben gemerkt, dass es mehr bringt, wenn ich noch ein paar Wettkämpfe mache“, bilanzierte die 26-Jährige nach Absprache mit Vater und Trainer Manfred Kiffe. „Mir fehlt eben noch die Routine.“
Bis Ratingen gilt es weiter viel zu üben, aber auch mit den Kräften zu haushalten. Weitere Starts sind – wie schon in der Vorbereitung – nur in Einzeldisziplinen geplant. Etwa im Weitsprung, wo der Anlauf noch hakt und sie noch viele Zentimeter verschenkt. „Aber die Sprünge sind super.“ Neben den 200 Metern, für die ihr noch die Tempohärte fehle, ist vor allem der Hochsprung „das Sorgenkind“.
Besondere Herausforderung: Wechsel des Sprungbeins
Kein Wunder, denn schließlich hat sie das Sprungbein gewechselt. Alles mit links heißt es nun, um die Belastung am anderen Bein zu mildern, das über lange Zeit so viele Probleme bereitete. Schon im Frühjahr 2012 war bei Christina Kiffe nach einer Muskelverletzung ein Ermüdungsbruch im rechten Schienbein diagnostiziert worden. Komplikationen und Operationen folgten, bevor nach immer wiederkehrenden Schmerzen endlich ein gutartiger Knochentumor als Ursache diagnostiziert und erfolgreich behandelt werden konnte. Erst zum Jahreswechsel, den sich die Jura-Studentin selbst als Ultimatum für eine Fortsetzung ihrer sportlichen Karriere gesetzt hatte, „hielt ich das Röntgenbild in der Hand, das zeigte: das Schienbein hält“.
Entsprechend war die Vorbereitung für die nun angelaufene Saison „eine super kurze Zeit“. Also Geduld. Das ist aber eine harte Schule für jemanden, der bereits 2011 auf dem sechsten Platz der Junioren-Weltrangliste im Siebenkampf geführt wurde. Ihre damalige Bestleistung von 5790 Punkten steht immer noch. Als Fünfte der U 20-EM hatte die Athletin aus Roßdorf-Gundernhausen in jenem Jahr auch ihren bisher größten Erfolg gefeiert und galt als mögliche Kandidatin für Olympia 2016 in Rio. Doch dann begann der Leidensweg.
Auch Anne Brießmanns Glücksmomente stacheln an
Beim Mehrkampfmeeting in Ratingen will sie nun wieder angreifen. Wohlwissend, dass es durchaus eine ganze Saison brauchen kann, um die erhofften Leistungen zu bringen. Lange genug überwog das nervige Gefühl, dass diese „nicht zu dem passen, was ich kann“. Nun habe sie schon in den Ansätzen das Jahres gesehen, dass es wieder geht. Gute Wurfergebnisse, gute Kraftwerte helfen, dass ihr Traum vom großen Sport lebt. 6000 Punkte, das sei das Ziel jeder Siebenkämpferin, betont sie.
Mehr noch. Mit der befreundeten Rollstuhlbasketballerin Anne Brießmann, die bei Paralympics mit dem Team Deutschland Gold und Silber gewann, erlebte sie in den vergangenen Jahren Glücksmomente als Zuschauerin. Das habe Ansporn geliefert, selbst bei Großereignissen als Sportlerin dabei zu sein. Noch sei es nicht zu spät. Bei Olympia 2020 sei sie 28, vier Jahre später 32, rechnet sie aus. „Ich hänge mit Leib und Seele an diesem Sport“, gibt Christina Kiffe zu. Sie wolle schlicht ein Happyend für dieses Thema. „Und das Gefühl, ich habe alles gegeben und probiert.“