Das Darmstädter Echo hat heute einen Bericht über mich veröffentlicht: Für Siebenkampf-Talent Christina Kiffe vom ASC Darmstadt ist die U 20-EM eine Etappe auf langem Weg
Das Beste gleich am Anfang? Man könnte durchaus meinen, dass Christina Kiffe ihre Vorlieben und Schwerpunkte so früh setzt. „Mir ist es unheimlich wichtig, dass der Hürdenlauf gut klappt“, betont die Neunzehnjährige vom ASC Darmstadt. Und wenn gleich danach noch der Hochsprung gelänge, „dann sind die anderen Disziplinen auch kein Problem mehr“. Ein einfaches Rezept für den so schwierigen Siebenkampf, der noch Kugelstoßen und 200-Meter-Lauf sowie am zweiten Tag Weitsprung, Speerwerfen und den 800-Meter-Lauf als Herausforderungen bereit hält.
Doch mit dem „genialen Auftakt“ allein, den Vater und Trainer Manfred Kiffe als Stärke seiner Tochter hervorhebt, ist es in der Königsdisziplin der Leichtathletik nicht getan. Im Mehrkampf braucht es vielseitiges Talent, großes Durchhaltevermögen und einen guten Plan – genau diesen scheint Christina Kiffe mindestens ebenso gut im Griff zu haben, wie die beiden Auftaktdisziplinen.
Es versteht sich von selbst: Nicht allein der tolle Anfang, sondern das gute Ende und möglichst ein große Karriere sind das Ziel. Eine erste Feuertaufe bei internationalen Titelkämpfen steht der Roßdörferin nun bei der Junioren-EM in Tallinn/Estland (21. bis 24. Juli) bevor. Doch die U 20-Meisterschaft bildet in der typischen Lesart der selbstbewussten Mehrkämpferin zwar ein wichtige Station, aber eben nur eine Etappe auf einem langen Weg, der sie „langfristig“ bis zu den Olympischen Spielen 2016 nach Rio führen soll.
Ein großer Traum. Doch dieser jungen Frau ist zuzutrauen, dass sie ihn auch lebt. Sie weiß, was sie will – so wie sie schon als Dreizehnjährige entschieden habe, wie Manfred Kiffe erzählt, dass sie später Jura studieren werde. Was der Vater damals noch als etwas voreilig belächelte wird nun tatsächlich umgesetzt: Das Studium in Frankfurt soll im Oktober beginnen.
Solche Zielstrebigkeit bewies Christina Kiffe in den vergangenen Monaten auch im Sport mit immer neuen Bestmarken. Dabei legte sie nebenbei noch ihr Abitur an der Lichtenbergschule in Darmstadt ab und überwand auch die Enttäuschung aus dem Vorjahr, als sie trotz klar erbrachter Norm die U 20-WM in Kanada verpasste. In Sara Gambetta (LG Eintracht Frankfurt) und Tilia Udelhoven (LAV Bad Godesberg) gab es zwei Talente, die nach den Nominierungskriterien vorauslagen und die zwei Plätze besetzten. Auch diesmal führen die drei Konkurrentinnen die Bestenliste an, doch bleibt ihnen die Auswahl erspart, weil es für die EM drei Tickets gibt.
Die verpasste WM nimmt Christina Kiffe inzwischen nicht mehr tragisch, im Gegenteil. Ein Länderkampf gegen die USA, bei dem sie als beste Deutsche auftrumpfte, sei „ein gutes Trostpflaster“ gewesen. Sie hofft dadurch sogar Vorteile zu entwickeln, „weil ich besser gelernt habe, mit sowas umzugehen“. Aus einem Negativerlebnis etwas Positives zu ziehen, hatte das Talent schon in den Jahren zuvor geschafft, als Rückenproblemen eine Wettkampfpause erzwangen. Ihr damals so konsequentes Stabilisationstraining sei nun ein Grund für die jüngsten Leistungsschübe, speziell im Hürdenlauf, betont Manfred Kiffe. Ein anderer Grund sei der Wechsel zu Trainer Jürgen Sammert, der bei der LG Eintracht Frankfurt eine starke Trainingsgruppe betreut.
Mit 5790 Punkten steht die ASC-Athletin derzeit in der Weltrangliste der Juniorinnen auf Rang drei hinter der führenden Niederländerin Dafne Schippers (6172) und Gambetta (5907), allerdings vor Udelhoven (6698). „Ein Platz unter den ersten Fünf bei der EM wäre super“, sagt sie, gibt aber auch zu, dass ihre Position mehr erhoffen lässt: „Da liebäugelt man mit einer Medaille“, sagt sie um anzufügen: „Aber im Siebenkampf kann immer etwas daneben gehen“.
Trotz aller Leistungssprünge – vor allem im Hürdensprint, Speerwurf und Hochsprung, in dem sie im Vorjahr sogar die deutsche Bestenliste der Spezialisten anführte – soll die Entwicklung vor allem „konstant und nachhaltig“ sein. Nichts gehe „auf Teufel komm raus“, betont Christina Kiffe. Eine Art selbst auferlegte Zurückhaltung für die Jugendzeit, in der zwar vieles leichter fällt und sich oft Sieg auf Sieg abräumen lässt. In der aber auch früher Verschleiß droht. Es gebe „so viele, von denen man später nichts mehr hört“, weiß die Neunzehnjährige, die sich anderes vorgenommen hat und sich zum Beispiel mit Krafttraining noch zurückhält. „Dass man mit 15 sagt, deine Zeit kommt erst mit 25, das war nicht immer leicht“, beschreibt Manfred Kiffe den maßvollen, aber nicht minder aufwendigen Aufbau, der zum Familienunternehmen wurde.
„Alle helfen mit“, sagt Christina Kiffe, und schließt dabei neben ihren Eltern auch Oma und Opa ein. Voran freilich Vater Manfred. Der Neunundvierzigjährige, Jugendtrainer beim ASC, betreut die Tochter von Kindesbeinen an. Seine flexiblen Arbeitszeiten als Unternehmer nutzte er auch, um mehr Übungseinheiten im Wochenplan unterzubringen. Sieben bis zwölf seien es jetzt, wovon inzwischen drei bis vier in Frankfurt stattfinden. In Darmstadt ging es selbst während Freistunden in der Schule oft genug ins Bürgerparkstadion. Dass sich Sport und Familie so eng verbinden, sehen weder Vater noch Tochter als Gefahr. Es gebe allerdings eine feste Regel, betont Manfred Kiffe: „Dass Probleme vom Sportplatz nicht an den Essenstisch getragen werden“.
Quelle: Darmstädter Echo – Volker Bachmann